Es ist kein Geheimnis, dass die Zahl der Pflegebedürftigen steigt. Nicht nur bundesweit, sondern direkt hier vor Ort. Schon heute wird jeder zweite Mann im Laufe seines Lebens pflegebedürftig und drei von vier Frauen – Tendenz jeweils steigend, wie Langzeitstatistiken belegen. „Da kommt schon was auf uns zu“, weiß Andreas Bronner, Geschäftsführer der Sozialstation Oberndorf nur zu gut. Gemeint sind mit „uns“ die Gesellschaft im Allgemeinen und die Oberndorfer Bevölkerung im Besonderen. Denn alleine im Raum Oberndorf, Epfendorf und Fluorn-Winzeln wird in den kommenden zehn bis 20 Jahren der Pflegebedarf auf das Doppelte ansteigen, wie die aktuelle Erhebung der Bertelsmann Stiftung beim Blick in das Jahr 2030 in ebenso eindrucksvollen wie erschreckenden Zahlen belegt. Die beiden Hauptgründe hierfür liegen klar auf der Hand: Die Überalterung der Gesellschaft, oder anders ausgedrückt, der steigende Anteil Hochbetagter sowie die starke Abwanderung von jungen Menschen aus dem ländlichen Raum. Es werden insgesamt in den kommenden Jahrzehnten wesentlich weniger Menschen zur Verfügung stehen, die eine häusliche Pflege leisten könnten. „Die Zeit für Handlungsbedarf ist jetzt“, betont Bronner auch mit Blick auf die Kommunen. Der demographische Wandel hat Auswirkungen auf ausnahmslos alle gesellschaftlichen Bereiche. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund gepaart mit seinem Fachwissen engagiert sich Andreas Bronner seit Mai 2014 im Gemeinderat von Oberndorf.
Als größter Pflegedienstleister im Landkreis mit seinen zahlreichen ambulanten Angeboten absolviert die Sozialstation aktuell rund 113 000 Hausbesuche im Jahr. Das entspricht etwa 320 Hausbesuchen täglich. Andreas Bronner, der landesweit jüngste Geschäftsführer im Verband Diakonie, hat bei seinem Antritt im Jahr 2011 die Sozialstation komplett neu strukturiert und die gesellschaftlichen Entwicklungen nicht nur erkannt, sondern die gemeinnützige Gesellschaft von Grund auf zukunftsfähig gemacht. Als attraktiver Arbeitgeber für inzwischen mehr als 80 Mitarbeiter wurden alle offenen Stellen besetzt. „Es gibt sogar eine Bewerberwarteliste für Pflegefachkräfte bei uns“, berichtet Bronner und ist froh, aufgrund der guten Kapazitäten flexibel und zeitnah auf die jeweilige Nachfrage der Betroffenen reagieren zu können. „Bis ins Jahr 2030 wird die Pflege nahezu ausschließlich ambulant von Fachkräften geleistet werden“, ist er sich sicher und fügt an: „Heime werden Menschen nur noch beherbergen.“
Hier schlägt die sogenannte Versorgungslücke zu Buche, die die Abweichung zwischen dem Bedarf an professioneller Pflege und zur Verfügung stehenden Fachkräften beschreibt. Dass die Pflege zukünftig ambulant werden wird, liegt unter anderem daran, dass es grundsätzlich nicht genügend Pflegefachkräfte gibt und ambulant weniger Fachkräfte benötigt werden. Diese Entwicklung, die auf Berechnungen unterschiedlichster Faktoren beruht, entspricht dem überwiegenden Teil der Menschen, in den eigenen vier Wänden gut versorgt zu werden. Deshalb reagiert der Staat: Aktuell werden Pflegeversicherungen schrittweise reformiert in Richtung ambulante Dienstleistungen und vom Staat gefördert, wie Andreas Bronner berichtet. Ein wichtiger Schritt für den über das Maß hinaus engagierten Bronner, aber deutlich zu wenig. „Unser Einzugsgebiet hat 120 Quadratkilometer und wir leisten viele unbezahlte Fahrtstrecken“, gibt er nur ein Beispiel. Im Moment hält Bronner Ausschau nach einem Grundstück auf dem Lindenhof für den Bau einer Außenstelle, an der unter anderem Stellplätze für den Fuhrpark der Sozialstation geschaffen und die „Flotte“ gewartet werden soll. Überhaupt ist die Arbeit der Sozialstation eine kleine logistische Meisterleistung. 22 Fahrzeuge schwärmen derzeit täglich aus, um insgesamt rund 970 Personen von häuslicher Pflege über Hauswirtschaft und Betreuung bis hin zum mobilen Menü zu versorgen.
Lesen Sie in der kommenden Ausgabe „Pflege bedeutet mehr als Verbandswechsel“.
Quelle: Marion Peters/Oberndorfer Büttel